Woche vom 28.11.2016 bis zum 04.12.2016

Hallo ihr Lieben,

 

wieder eine Woche voller Erlebnisse!

 

Arbeit:

 

Beruflich startete die Woche wirklich gut. Keine Studenten, keine Internship Midwifes. Es gab einiges für mich zu tun und ich konnte mich ganz auf meine Arbeit konzentrieren, ohne darauf zu achten, dass ich auch jeden Arbeitsschritt ausführlich erkläre. Ich muss gestehen, dass das echt schön war! Zwar ist es auch schön zu sehen, dass Ratschläge und Anleitungen angenommen werden (Führungslinie, APGAR-Score, „das Kind muss nicht abgesaugt werden“, „die werdende Mutter soll außerhalb der Wehe atmen“, „das erste Kind braucht meist etwas länger“, etc..), aber grade als Berufsanfänger fällt es einem schwerer die Geburten abzugeben – glaube ich.

 

Jedenfalls konnte ich am Montag alleine 4 schöne Geburten begleiten. Drei der vier werdenden Mütter erwarteten ihr erstes Kind und eine der vier erwartete bereits ihr zweites. Die Geburten verliefen ohne Probleme und es musste zum Glück kein Damm ohne Lidocain genäht werden. Wenn der Tag so läuft, steigt der eigene Hormonspiegel und damit die Laune gefühlt immens an :D

 

Zwar war am Dienstag im KRS, nachdem ich eine 3-Gravida/2 Para ohne Probleme begleitet hatte, nicht sehr viel los, aber ich fand sowohl in der Physio-Station bei Melanie und Andi, als auch auf der pädiatrischen Station bei Corinna Arbeit. Erst beobachtete ich die Behandlung bei einer Schlaganfall-Patientin durch Andi und Melanie, danach fütterte ich bei Corinna ein drei Tage altes Mädchen, das seine Mutter bei der Geburt verloren hatte. Die Kleine war zuckersüß und tat mir wirklich Leid..

 


 

 

Auch der Mittwoch startete gut. Ich bereitete eine werdende Mutter für eine Sectio vor und frühstückte danach mit Andi und Melanie in der Physio, weil es im KRS nicht allzu viel für mich zu tun gab.

 

 

Als ich zurück in den KRS kam, versuchte ich mir einen Überblick zu verschaffen und wollte mich grade durch die Akten wühlen, als ich bei Frau C einen Nabelschnurvorfall bemerkte (die Nabelschnur klemmt zwischen dem kindlichen Kopf und dem Becken der Mutter → das Kind bekommt keinen Sauerstoff). Der Kopf des Feten war bereits auf BB und ich leitete Frau C zum aktiven Pressen an. In diesem Moment war mein einziger Gedanke das Kind so schnell wie möglich zu entbinden, falls das Kind noch eine Überlebenschance hat. Ich fühlte nach dem Puls in der Nabelschnur, der nicht vorhanden war. Ich ahnte Schlimmes und diese Ahnung bestätigte sich nachdem das kleine Mädchen geboren wurde. Meine Reanimationsversuche blieben erfolglos und nach der Ansicht der Akte, wusste ich auch wieso. Frau C hatte um 1 Uhr nachts einen Blasensprung. Bereits als sie gegen 8 Uhr in das Krankenhaus kam, stellte man den Nabelschnurvorfall fest und konnte keine fetale Herzfrequenz mit dem Pinard – Rohr hören. Man konnte für das Kind nichts mehr machen und ersparte der Mutter einen Kaiserschnitt. Auch in Deutschland wird es oft so gehandhabt, wenn ein Kind intrauterin verstirbt. Der Hintergrund dessen ist, dass die Mutter die Möglichkeit hat sich von ihrem Kind zu verabschieden. Bei einem Kaiserschnitt in einem solchen Fall fühlen sich die Mütter oft ihres Kindes beraubt und können schlecht damit abschließen.

 

Allerdings gab es zwei Aspekte die ich nicht nachvollziehen konnte. Zum Einen halte ich es für sehr sinnvoll, dass eine Mutter, die ihr Kind verloren hat, dauerhafte Betreuung unter der Geburt erfährt. Ich würde es mir in ihrer Situation auch wünschen, zumal es bei uns im KRS, aus platztechnischen Gründen, auch nicht möglich ist, dass die Männer ihre Frauen bei der Geburt unterstützen.

 

Außerdem ist es in meinen Augen wichtig, dass man mit der Akte vertraut ist. Hätte ich vorher gewusst, dass bereits 3 Stunden zuvor keine Herzaktion bei dem Kind feststellbar war, hätte ich auf eine Reanimation und den Schockmoment für die Mutter verzichtet.

 

Noch viel schlimmer fand ich aber die Tatsache, dass Frau C bis zum Schluss in dem Glauben war, dass ihr Kind leben würde. Nachdem festgestellt wurde, dass es keine fetale Herzfrequenz mehr gibt, wurde Frau C nicht darüber informiert. Sie hatte nicht die Möglichkeit sich darauf einzustellen und war dementsprechend geschockt, als ich ihr die Nachricht überbrachte.

 

Sie fing bitterlich an zu weinen und ich hatte Mühe meine eigenen Tränen zu unterdrücken – in meiner Ausbildung hatte ich zwar Bezug zu Fällen von intrauterinem Fruchttod (IUFT), allerdings wurde ich von den Geburten abgeschirmt. Man kann das Welpenschutz nennen, aber in meinen Augen ist es sinnvoll die Schüler auch in der Praxis an das Thema heranzuführen, nicht nur theoretisch. Man kann sich theoretisch auf alles vorbereiten und in der Praxis ist dann doch alles ganz anders..

 

Ich wickelte das kleine Mädchen liebevoll in einen bunten Kanga, erklärte Frau C die Situation und räumte ihr die Möglichkeit ein ihr Kind zu sehen und zu sich zu nehmen. Meine Aufmerksamkeit galt nur Frau C und ich sagte meinen Kollegen, dass ich für den Moment keine Zeit haben werde eine andere Geburt zu begleiten.
Leider ließ es sich nicht vermeiden, dass Frau C das Kindergeschrei von den anderen Neugeborenen mitbekommt (was ich schrecklich finde), denn sowohl der KRS, als auch die Wochenstation sind ein großer Raum. Der Unterschied war nur, dass Frau C im KRS ein eigenes Bett hatte und so beschloss ich, dass sie so lange im KRS bleiben darf, wie sie möchte. Von der „Duka“ (eine Art Kiosk) holte ich ihr etwas Wasser und nach einem weiteren Gespräch wollte Frau C auf die Wochenstation verlegt werden. Noch im KRS bedankte sie sich mehrfach bei mir und meine Angst, dass sie mich aufgrund meiner Hautfarbe und dadurch meiner Andersartigkeit aus Frust, Trauer und Verzweiflung für den Tod ihres Kindes verantwortlich machen könnte, löste sich.

 

Nachdem ich Frau C verlegt hatte, musste ich meinen Frust bei Corinna abladen und versuchte mich mit dem Bechern des kleinen Mädchens, welches ich bereits am Tag zuvor gefüttert hatte, abzulenken.

 

 Am nächsten Tag war ich mit 1 Hebamme und zwei neuen PJ´lern alleine im KRS, weil es eine wichtige Besprechung im Hause von der gynäkologischen Abteilung gab. Wir hatten zwar gut zu tun, aber genau so viel, dass ich die beiden angehenden Ärzte ohne Stress gut anleiten und alles genau erklären konnte. Während ich mit einer Geburt beschäftigt war, wurde Frau D (1 Gravida/0 Para) in den KRS gebracht und mir schnell übergeben. Sie sei bei 7 cm MM-Öffnung, die FB ist gesprungen – klares Fruchtwasser, hat moderate Wehen und bei der Untersuchung vor 5 Minuten hat der Entbindungspfleger festgestellt, dass alles in Ordnung war. Ich stellte mich Frau D kurz vor, nahm ihre Akte entgegen und widmete mich der Anleitung einer der beiden angehenden Ärzte. 

Kurze Zeit später vernahm ich ein mir allzu bekanntes Geräusch – Frau D presste.

Schnell zog ich die Materialien für die Geburt aus ihrer Tasche und bereitete alles vor. Bei der vaginalen Untersuchung stellte ich fest, dass der Muttermund vollständig geöffnet und der Kopf des Kindes bereits in BM (Beckenmitte) war. Meine anleitenden Worte fielen gering aus, weil Frau D sich ihrem Gefühl nach auf die Signale ihres Körpers verließ und das kleine Mädchen mit jeder Wehe sichtbarer wurde. Um 11:50 Uhr wurde das kleine Mädchen gesund und munter geboren. Die Freude der Mutter war groß. Beim Abnabeln bemerkte ich dann → der Bauch ist aber noch ziemlich groß?? Mit meinen Händen tastete ich den Bauch ab (mit Leopold-Handgriffen) und stellte fest:

 

GEMINI!! - Zwillinge!!

 

Tausend Gedanken schossen mir in den Kopf..

„Nach der Geburt des ersten Zwillings muss der Bauch geschient werden, damit sich das Kind nicht dreht oder die Nabelschnur vorfällt“, „Überprüfung der Lage des zweiten Kindes“, „Wehenpause nach Geburt des ersten Kindes“, etc...

Frau D schaute mich mit großen Augen an und konnte es kaum fassen, dass sie noch ein weiteres Kind bekommen würde.

Zunächst prüfte ich durch die Leopold-Handgriffe und eine vaginale Untersuchung die Lage des zweiten Kindes und stellte fest, dass es sich um eine 2. (Rücken des Kindes liegt auf der rechten Seite der Mutter) Schädellage handelte und die Fruchtblase intakt war. Ich bat die angehende Ärztin mit unserem kleinen tragbaren „CTG“ (es gibt einen CTG-Knopf, mit dem man die FHF bestimmen kann) – wir nennen es „moyo“ (das bedeutet Herz) – die Herztöne des Kindes abzuhören und bat die zweite Hebamme einen Arzt zu rufen und einen Zugang zu legen. Diese sagte mir dann, dass ich nach der Geburt des ersten Zwillings die Fruchtblase eröffnen müsse, doch der Kopf des Kindes hatte noch keinen Bezug zum Becken aufgenommen und ich wollte um jeden Preis verhindern, dass die Nabelschnur vorfällt. Daher rührte ich die Fruchtblase nicht an. 15 Minuten nach Geburt des kleinen Mädchens spürte Frau D erneuten Pressdrang und innerhalb von einer Wehe öffnete sich die Fruchtblase und ein kleiner gesunder Junge folgte.

Leider blutete Frau D nach der Geburt der Plazenta vermehrt und der Doktor stellte bei einer manuellen „Ausräumung“ fest, dass Eihautreste die Ursache dafür waren. Da das Problem schnell geklärt und behoben wurde, stoppte die Blutung ziemlich schnell.

Gott sei Dank!! Mein Adrenalinspiegel hatte definitiv einen neuen Rekord aufgestellt und ich war glücklich, dass es Frau D und beiden Kindern gut ging.

Frau D war immer noch ganz aus dem Häuschen, dass sie jetzt zwei Kinder mit nach Hause nehmen würde und die Freude war ihr deutlich anzusehen.

Da sie vermehrt Blut verloren hatte, durfte sie sich auf dem Bett ausruhen und ich brachte ihr ihre beiden Kinder. Vorsichtig und ganz entzückt nahm sie ihren kleinen Jungen, der schon gierig nach der Brust suchte. Es dauerte keine 2 Sekunden, da saugte er so selbstverständlich an der Brust, als ob er noch nie etwas anderes gemacht hatte (Stillposition im Liegen). Seine Schwester legte ich direkt hinter ihn und Frau D nahm so beide gleichzeitig im Liegen in den Arm. Ein schönes Bild!

Glücklich schrieb ich Melanie und Corinna von der Geburt und die zwei kamen auch gleich im Kreißsaal vorbei :)

 


 

Freizeit:

 

Seit Anfang der Woche existiert in unserer WG endlich ein Ganzkörperspiegel, den Corinna und Melanie im Hypermarkt gekauft haben. Die Chipsi machen sich bemerkbar ^^ Gut, dass man sich jetzt wieder öfter sieht und daran erinnert wird, dass man nicht jeden Tag frittiertes Essen genießen sollte..

 

Am Mittwoch, nach dem Erlebnis mit der Geburt des verstorbenen Kindes, gaben sich Andi, Corinna und Melanie alle Mühe mich aufzumuntern. Erst wurde ich meinen Frust bei ihnen los und danach aßen wir bei Lee → für mich gab es nur „mboga“ (Gemüse), weil ich nicht den größten Hunger hatte und ich mixte mir einen leckeren Salat :)

Abends spielten wir dann noch Kniffel und lachten zusammen. DANKE ihr Lieben!!

 

Freitags hat uns wieder Corinna mit gesundheitlichen Problemen einen halben Herzinfarkt beschert..

 

...eine Sauerstoffsättigung von 80 SpO²..
...eine Sauerstoffsättigung von 80 SpO²..

 

Sie ist während der Arbeit, aufgrund eines Asthma-Anfalles, umgekippt und ist dann alleine nach Hause gegangen ohne uns Bescheid zu geben. Nach der Medikamenteneinnahme wurde es zwar deutlich besser, aber ihre Lunge schmerzte noch ziemlich.

Abends kam dann noch Daniel vorbei, der ausführliche Einzelgespräche mit uns geführt hat. So hat unsere Organisation einen Eindruck davon wie es uns geht und wir können alles was uns auf dem Herzen liegt rauslassen.

 

Am Samstag besuchte ich mit Andi und Corinna das „nyama choma festival“, eine Veranstaltung mit viel Musik, aber vor allem mit viel gegrilltem Fleisch! Es gab eine Reihe an Ständen mit verschiedensten Fleischgerichten, die auf dem Grill bruzzelten.

Hier ein paar Impressionen:


 

Etwas verspätet kam auch Markus noch auf dem Festival an und wir sahen ihn schon von Weitem. Da er uns noch nicht sah, machten wir uns einen Spaß daraus ihn mit dem „kalt – warm – Spiel“ aus unserer Kindheit zu unserem Tisch am anderen Ende des riesigen Platzes zu lotsen.

..wer suchet...
..wer suchet...
...der findet! :D
...der findet! :D

 

Wir blieben bis abends um 10 Uhr, tranken dann noch bei Lee einen Juici und beschlossen in Lee´s Geburtstag bei uns in der WG reinzufeiern. Vorher hatte ich schon einen Kuchen für ihn besorgt und er war ganz überwältigt, als wir diesen um 12 Uhr mit Geburtstagsständchen auf Englisch und Deutsch auspackten.

 

Am nächsten Nachmittag feierten wir dann nochmal alle zusammen. Lee brachten wir ein Geburtstags – Hut mit, den er auch konsequent den ganzen Tag trug. Er liebt es, wenn wir bei ihm sind und freut sich immer riesig! Er schnitt den Kuchen an und fütterte traditionell jeden von uns mit dem ersten Stück.

 



 

Abends sind wir (Melanie, Andi und ich) dann noch mit Lee zusammen zum Coco-Beach gefahren um zu feiern, da er es sich sehnlichst von uns gewünscht hatte.

 

Ein schöner Tag für uns und ich hoffe auch für unseren Freund! :)

 

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