Woche vom 21.11.2016 bis zum 27.11.2016

 

Hallo ihr Lieben :)
Endlich melde ich mich mal wieder!
Da ich leider nicht jeden einzelnen Tag der letzten Wochen beschreiben kann, werde ich diesen Blog-Eintrag anders aufbauen und euch die spannendsten Momente jeder Woche erzählen.

 

Angefangen mit der Woche vom 21.11.2016 bis zum 27.11.2016:

 

Arbeit:


Anfang der Woche gab es nicht viel Arbeit für mich, weil wieder ein paar Studenten im KRS umherschwirrten. Daher widmete ich mich anderen Aufgaben und half unter Anderem Sister Ukengo zwei Stunden lang Kompressen zu schneiden und zu falten.

...unser Schreibtisch im KRS. Links befindet sich der Durchgang zum OP.
...unser Schreibtisch im KRS. Links befindet sich der Durchgang zum OP.

 

Wenn man dann für seinen Fleiß gelobt wird und den Satz „jetzt bist du wie wir“ hört, fühlt man sich noch zugehöriger :)

 

Desweiteren habe ich eine Statistik für Dr. Gloria der Monate September und Oktober über die Rate an Asphyxien (Sauerstoffmangel unter der Geburt), an Neugeborenen, die durch eine Asphyxie verstarben und an Todgeburten (intrauteriner Fruchttod IUFT, fresh still birth FSB, postpartal (nach der Geburt) verstorben) aufgestellt. Dafür schnappte ich mir das Geburtenbuch und durchstöberte mehr als 2000 Einträge. Mein Ergebnis war wie folgt:

 

 

 

September

Oktober

Asphyxie

62

42

NGB nach Asphyxie verstorben

4

6

Todgeburten (IUFT, FSB, pp)

24

37

 

Im Oktober wären das bei einer Geburtenzahl von 1093 folgende Prozentzahlen:

 

Asphyxie

3,84 % der Kinder

NGB nach Asphyxie verstorben

0,55 % der Kinder

IUFT, FSB, postpartal verstorben

3,39 % der Kinder

 

Gegen Ende der Woche wurde es dann wieder turbulenter im KRS. Der Donnerstag war wirklich sehr spannend. Wie die ganze Woche, waren ziemlich viele Leute im KRS. Als sich eine Traube an Menschen um eine werdende Mutter, Frau A, versammelte, schaute ich nach, was los ist. Eine tansanische Ärztin führte eine KiWi bei Frau A durch und Dr. Magret (eine Chirurgin aus Deutschland, die jeden Dienstag und Donnerstag im Gyn-OP arbeitet) assistierte ihr. Auf Nachfrage erfuhr ich, dass der Grund für die KiWi - Geburt „prolonged labour“ (verlängerte Austreibungsperiode – letzte Phase, bevor das Kind geboren wird) und fetaler Stress, aufgrund von Mekonium (erster Stuhl des Kindes) im Fruchtwasser, waren.

Es dauerte nicht lange und das Kind wurde geboren. Schnell war klar, dass das Kind ein wenig „Starthilfe“ benötigt, um auf der Welt anzukommen. Dr. Magret saugte den Kleinen zunächst ab, nabelte dann schnell ab, ich schnappte mir den Kleinen und rannte zur Notfallversorgungseinheit. Auf meinem Weg begleiteten mich ein paar Studenten und PJ´ler (Ärzte im Praxisjahr) und einer von ihnen nahm mir wortlos das Kind ab, um es zu versorgen. Ich vermute, weil wir uns nicht kannten und er dachte sicherlich, dass ich nur eine „weiße Studentin“ wäre, die ein bisschen in die Geburtshilfe hineinschnuppert (was auch nicht unüblich ist).

Durch den Transfer zur Versorgungseinheit wurden zwar schon erste Reflexe hervorgerufen, aber so richtig atmen wollte er erst nach anschließendem Absaugen und anschließender Animation. Bei der Vergabe des zweiten APGAR-Wertes war lediglich der Tonus noch nicht zu 100 % in Ordnung, doch das NGB erholte sich dann doch schnell.

Nachdem ich mir sicher war, dass es dem Kind gut geht, erzählte ich dem angehenden Arzt in einer ruhigen Ecke, dass ich bereits ausgebildet sei und dass ich die Situation als nicht positiv empfunden habe, da in einem solchen Moment wichtige Zeit verloren gehen würde, die das Kind aber benötigt.

Dr. Magret bekam das Gespräch mit und unterstützte mich bei der nächsten Geburt sehr. Denn, während wir noch bei dem Kind waren und den Studenten den APGAR-Score des Kindes von 4 – 9 erklärten, führte die tansanische Ärztin eine weitere KiWi bei Frau B (Primegravida am Termin) durch. Nachdem die KiWi 3 Mal abriss (das Vakuum löst sich – die KiWis weden hier als Mehrfachartikel behandelt und funktionieren nicht mehr einwandfrei, da sie in Lösung gereinigt werden und als ursprünglicher Einmalartikel nicht dafür gemacht sind) und ich schon leicht kribbelig wurde, (das bedeutet für das Kind großen Stress) sagte Dr. Magret, dass ich die Geburt übernehmen solle und erklärte es der tansanischen Ärztin auf Kiswahili. Ich streifte mir schnell Handschuhe über und leitete Frau B zum Pressen an. Um eine Episiotomie kam ich nach meinem Gefühl nicht herum. Während der Wehe führte ich einen Dammschnitt durch (wenn das Gewebe sehr stark gedehnt und wenig durchblutet ist, tut es weniger weh) – hier wird eine kleine Skalpellklinge dafür benutzt – und zwei Wehen später wurde der Kopf geboren.

Auch das Baby von Frau B benötigte „Starthilfe“, wie wir schon vorher vermuten konnten. Ich stimulierte das neugeborene Mädchen, nabelte dann schnell ab und wieder ging es im Eiltempo zur Versorgungseinheit. Nachdem die Kleine nach Absaugen und weiterer Stimulation noch immer nicht regelmäßig atmete, führte ich 5 initiale Beatmungen mit dem Ambubeutel durch. Die Kleine bedankte sich mit regelmäßiger Atmung, machte aber durch leises Stöhnen deutlich, dass sie sich von dem Stress erstmal erholen muss. Als ich das Kind in einem guten Zustand wusste, widmete ich mich den Studenten und erklärte ausführlich, was ich genau gemacht habe und wir ermittelten gemeinsam einen APGAR-Wert von 4 – 8.

Leider kommt bei dem ganzen Stress, der fast täglich im KRS herrscht, die korrekte Vergabe von APGAR - Werten zu kurz. Daher lege ich viel Wert darauf, dass alle Studenten, angehende Ärzte und Internship-Midwifes, die ich bei Geburten anleite, den APGAR - Score regelmäßig im Kopf durchgehen und bestimmen, um einen Bezug zu dem Schema zu bekommen und im Schlaf herunterbeten können.

Ein Blick in das Geburtenbuch zeigt, dass zu gefühlt 90% ein APGAR – Wert von 8 – 10 vergeben wird, der oft auf Nachfrage nicht begründet werden kann.

Diesbezüglich führte ich dann noch ein Gespräch mit der tansanischen Ärztin, weil sie die Vergabe der Werte der beiden Kinder des Morgens nicht genau nachvollziehen konnte.

Auch Sista Ukengo sprach mich im Laufe des Tages noch einmal auf die APGAR – Werte an und ich erklärte ihr ausführlich begründet, wie es zu diesen kam.

Wie sich in der Woche danach herausstellte (Dr. Magret berichtete mir von einer wichtigen Versammlung am Freitag 25.11.), löste ich damit eine große Diskussion unter den Ärzten und Hebammen aus. Das Thema schien einigen Ärzten auch bereits am Herzen zu liegen und so wurde aktiv darüber gesprochen, Lösungen zu finden, die Genauigkeit der APGAR – Werte zu optimieren.

Das habe ich zwar nicht beabsichtigt (ich habe nur meine Arbeit gemacht und begründet), allerdings finde ich es auch gut, dass die Diskussion aufkam.

Später am Tag konnte ich dann noch eine schöne Geburt betreuen und bei einer anderen Geburt einer angehenden Ärztin den Effekt der Kopfbremse (wenn der kindliche Kopf geboren wird, wird der Kopf gebremst, um das Gewebe langsam zu dehnen und damit zu schonen und um einem Dammriss vorzubeugen) demonstrieren. Sie war sehr erstaunt, denn üblicherweise wird hier im Amana der Dammschutz ohne die, den Kopf bremsende, Hand durchgeführt und der Damm der Erstgebärenden blieb sogar intakt (oft gibt das Dammgewebe beim ersten Kind nach).

 

Freizeit:

 

Mit einem Strandbesuch am Nachmittag mit Andi, Corinna und Melanie kann eine Woche gut beginnen. Das Wetter war wunderschön und wir konnten nach unserer Krankheitswelle endlich mal wieder entspannt abschalten. Es ist schon sehr cool, dass man sich 30 Minuten in ein Dala setzt und an einem unglaublich schönem Strand bei bestem Wetter aussteigt. Davon kann man in der Heimat nur träumen..

Leider nutzen wir diese Möglichkeit viel zu selten, weil es unsere Zeit nicht hergibt.

 


 

Am Mittwoch gab es für uns den ersten Vorgeschmack auf die Regenzeit. Kurz nachdem ich im Amana ankam, goss es wie aus Eimern...und zwar bis 12 Uhr. Überall sammelte sich das Wasser und mir leuchtete ein, warum die Gebäude auf einem Vorsprung gebaut worden sind.
Corinna ging es noch nicht wieder zu 100% gut und konnte so aus unserer Wohnung diese Bilder machen, die das Ausmaß sehr gut beschreiben:

 


 

..da freut man sich doch auf die Regenzeit im März :D

 

Freitags kamen Maria und Philipp (Freiwillige, die vor zwei Jahren in den Projekten waren) von ihrer Rundreise pünktlich zur kleinen Geburtstagsfeier von Maria (Freiwilige in der Mtoni-Schule) bei Lee in der Chipsi-Stube zurück. Alle zusammen (außer Dario und Felix, die seit schon fast 2 Wochen mit der Feuerwehr in Tansania unterwegs waren) feierten wir, aßen Marias Geburtstagstorte (das ist Tradition bei uns) und erzählten uns die Ereignisse der letzten Tage/Wochen. Am meisten verblüffte uns die Geschichte von Maria (Freiwillige vor 2 Jahren), die es geschafft hat, nachts während der Zugfahrt wegen einer Grippe, ohnmächtig zu werden und im Gebüsch neben dem vorbeifahrenden Zug wieder aufzuwachen. Neben einem riesigen blauen Fleck am Bein und ein paar kleineren Blessuren ist Gott sei Dank nichts Schlimmeres passiert. Scheinbar blieb der kleine Ausflug in die Natur auch nicht unbemerkt, denn der Zug hielt ein paar Meter weiter an und ein paar Leute suchten erfolgreich mit ein paar Taschenlampen nach der Ausreißerin..

Maria, wir sind froh, dass ihr wieder heile bei uns angekommen seid!! :)

Abends ging es dann in der großen Gruppe und gemeinsam mit Lee und Daniel in das High Spirit, einem Club, der durch seine Lage immer wieder begeistert. Er liegt im 11. Stock auf dem Dach eines Gebäudes in Posta und ist mit Glasscheiben umgeben, welche einen grandiosen Ausblick auf Dar es Salaam garantieren.

Neben der tollen Tanzfläche, von der aus man das Meer sieht, gibt es noch weitere Möglichkeiten der Beschäftigung. Es gibt Billard-Tische, eine große Bar, viele Sitzgelegenheiten, Wiederholungen von Fußballspielen auf einem großen Fernseher und für Leute mit dem nötigen Kleingeld auch einen separierten VIP-Bereich. Zunächst spielte ich mit Andi, Philipp und Lee Billard und stellte fest, dass ich noch ganz schön viel üben muss, um ihnen das Wasser reichen zu können ^^

Anschließend ging es auf die Tanzfläche und wir bewunderten die Tanzkünste von Lee, der mit ganzem Herzen dabei war!

...als Bewegungslegastheniker hat man dann direkt das Bedürfnis sich einer anderen Beschäftigung zu widmen :D

Trotzdem blieb der Spaß nicht aus und wir genossen den Abend in vollen Zügen!

 

Das Wochenende wollten wir etwas ruhiger angehen lassen und so fuhr ich mit Andi und Corinna erneut zum Strand. Obwohl wir schon so lange in Dar sind, sind wir noch nicht wirklich brauner geworden und legten uns gut eingecremt in die Sonne. Das war wirklich schön.

Als ich dann ein Pferd, natülich inkl. Reiter, in Reichweite erblickte, nutzte ich die Chance und fragte ihn, ob es in der Nähe einen Stall gäbe, wo ich reiten könnte. Er gab mir seine Handynummer und versprach mir nachzufragen, ob ich dort meinem Hobby weiter nachgehen könne.
Es war wirklich schön wieder ein Pferd sehen und anfassen zu können! Es ist viel zu lange her gewesen..

Abends kochten Maria und Philipp zum Abschied noch einen leckeren Hackfleich – Kartoffel – Tomaten – Eintopf, es gab Salat und eine absolut perfekte Avocado – Creme dazu. Da wir, wie fast jeden Samstag, keinen Strom hatten, schmückten wir das Wohnzimmer mit Kerzen und genossen die abendliche Athmosphäre.
Vielen lieben Dank ihr zwei!! Es war super lecker.
Später kam dann auch noch Daniel unser Mentor und guter Freund mit seiner Freundin Eliza und wir verabschiedeten Maria und Philipp, die in dieser Nacht zurück nach Deutschland geflogen sind.


Am Sonntag bin ich morgens mit Corinna zum Markt nach Buguruni gegangen, von dem ich die letzten Wochen so begeistert war. Ich konnte Corinna erfolgreich damit anstecken! Wir deckten uns mit reichlich Früchten ein und fanden an einem Stand wunderschöne Arm- und Fußbändchen.

Voll bepackt ging es dann mit einem Bajaji, eine Art dreirädriger Roller, zurück nach Hause, wo wir schon sehnsüchtig erwartet wurden.

Weil es die Woche zuvor schon so toll im Aga Khan war, fuhren wir auch heute wieder dort hin. Es bestand bei Melanie der Verdacht auf eine Leistenhernie, der sich nach einem langen Aufenthalt im Krankenhaus zum Glück nicht bestätigte. Wir wurden tatsächlich wiedererkannt und wunderten uns, dass uns noch keine Dauerkarte angeboten wurde :D

 


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