Wiki za kupasuliwa..

Hallo ihr Lieben :)

 

Nun lebe ich schon fast 4 Wochen in Tansania – unglaublich wie schnell die Zeit an einem vorbeifliegt!

 

Montag - Die Woche fing relativ ruhig an. Am Montag habe ich zunächst bei 2 Geburten assistiert und habe dann mit Andi und Melanie in der Physio-Station gefrühstückt. Gut gestärkt und in Begleitung von Melanie, habe ich dann eine Geburt geleitet, bei der Melanie wieder die Nabelschnur durchschneiden und das Neugeborene halten durfte. Als sich die Mama auf die Bank im Flur setzte, auf der die Mütter ihre Kinder stillen, wurde der Kreißsaal von fünf Damen mit 4 Eimern Wischwasser geflutet und grundgereinigt. Eine effektive und schnelle Art und Weise alles zu reinigen.

 

Als zwei Ärzte Frau A, die schon seit einiger Zeit bei uns im KRS war, vaginal untersuchten, beobachtete ich, dass die vaginale Untersuchung etwas anders durchgeführt wird, als ich es im Bethesda-Krankenhaus gelernt habe. Der untersuchende Arzt führte vier Finger ein, um nach der MM-Öffnung und der Höhe des Kopfes zu tasten. In meiner Ausbildung lernte ich, dass ich nur mit einem, max. zwei Fingern eingehe, um die Untersuchung so schonend wie möglich zu gestalten. Ich persönlich nahm die Situation, sowohl für mich, als auch für Frau A, als nicht positiv wahr.

 

Kurz vor Schichtende, bat mich ein Arzt um Hilfe bei einer Geburt. Frau B (1Gravida / 0 Para in der 39 SSW) lag schon seit ein paar Stunden bei uns im Kreißsaal. Es gibt hier im Amana den Richtwert, genau wie in Deutschland, dass sich pro Stunde 1 cm Muttermund (MM) öffnet. Sobald die Eröffnung des MM von dem Richtwert abweicht, wird eine geburtsfördernde Maßnahme oder ein Kaiserschnitt in Betracht gezogen.

 

Da Frau B schon ein paar Stunden bei uns war und sich die Geburt hinzog, beschloss der Arzt eine Kiwi (Vakuumextraktion/-geburt) durchzuführen. Nachdem ich alles vorbereitet hatte, fragte ich den Arzt ob der MM vollständig geöffnet und auf welcher Höhe der Kopf sei. Als mir der Arzt sagte, dass der MM erst 8cm geöffnet sei, war ich zunächst schockiert.
In meiner Ausbildung lernte ich, dass die Voraussetzungen für eine Kiwi – Geburt ein vollständig geöffneter MM und ein tief ins Becken eingetretener kindlicher Kopf sind (Kopf auf Beckenboden).

 


 

Doch nach langem Reflektieren und Grübeln über die Situation, vermute ich, dass es keine umfangreiche Infoveranstaltung zur Anwendung einer Kiwi gegeben hat. Gelegentlich kommt es vor, dass Ärzte oder Freiwillige, die für wenige Wochen bleiben, Arbeitsmaterial der „westlichen Länder“ mit herbringen, um „zu helfen“. Die Tatsache, dass die Schulung für den Umgang mit diesen fehlt oder unzureichend ist, lässt mich persönlich zu dem Schluss kommen, dass damit eher „keinem geholfen“ ist.

 

An diesem Tag war ich nach der Arbeit sehr erschöpft und habe den restlichen Nachmittag damit verbracht an diesem Blog zu feilen und mich gemeinsam mit Melanie mit CupCakes und frischem Weißbrot vollzustopfen :D 

 

 

 

Dienstag – 1093 Geburten im Oktober...wenig für Amana – Verhältnisse...viel für Bethesda – Verhältnisse!

 

Der Tag verlief im Gegensatz zu den meisten anderen eher ruhig und ich hatte Gelegenheit den riesigen Berg an Wäsche zu waschen, der sich seit einiger Zeit angestaut hatte..

 

 Eine Dafu, der Juici ya embe und ein CupCake versüßten uns wie immer den Nachmittag. Andi, Coconut und ich quatschten lange über die Notfälle der vergangenen Tage, vor allem auch über Corinnas 1 ½ stündige Reanimation eines kleinen Babys auf der Neointensiv. Leider hat der kleine es, vermutlich aufgrund von mangelndem Equipment, nicht geschafft.

Vor Ort gibt es Sauerstoffumwandler, ein Puls-Oxymeter, manuelle Absauger und 2 Medikamente – Antibiotika und Antikonvulsiva (Antikrampfmittel). Mehr Mittel sind hier im Amana auf der Neointensiv nicht verfügbar.

Nach solchen Erlebnissen ist es ein Segen, wenn man bei einem Box- und Kick- Workout allen Unmut rauslassen kann. Ich bewundere Corinnas Kraft und habe, nachdem ich ihre Box – Künste beobachten konnte, auch ein bisschen Angst vor ihr :D

 

Später am Abend bekamen wir dann noch Besuch von einem Freund von Melanie, der aus Oregon kommt. Nach den üblichen Chipsi Mayai bei Lee, unterhielt ich mich, während die anderen beim Sprachkurs waren, lange mit „Brian“, anstatt Kiswahili zu lernen..es gibt ja immer irgendelche Ausreden sich vorm Lernen zu drücken ^^

Abschließend haben wir, nach Melanies, Corinnas und meinem Gymnastik – Workout noch einen leckeren Obstsalat gegessen und sind zu Bett gegangen.

 

Mittwoch – Der Tag begann damit, dass ich der lieben Maria, einer super netten Kollegin, die sich um alles Organisatorische im KRS kümmert, geholfen habe die Vorhänge der Kabinen auszutauschen. Für mich gab es nicht so viel Arbeit, weil 4 Studenten aus der Umgebung den KRS und die Geburtshilfe praktisch erkundeten. Daher habe ich erstmal Corinna auf der Neointensiv besucht und wurde direkt von „Elvis“, so nennen wir den süßen Kerl, quasi gerufen.

...wenige Tage später konnte der kleine Kerl entlassen werden :)
...wenige Tage später konnte der kleine Kerl entlassen werden :)

 

Nach einer sehr interessanten Einführung in Corinnas Welt und ein bisschen „Baby – Geschaukel“, bin ich zur Pyhsio – Station gelaufen und habe mir die Arbeit vor Ort angeschaut. Andi und Melanie hatten grade eine Patientin und ich konnte eine ISG – Mobilisation und LWS – Traktion beobachten. Es war sehr spannend und eine Kiswahili – Lerneinheit gab es gratis dazu. Sicherlich können die zwei am schnellsten Kiswahili sprechen :)

 

Für mehr Einblicke in den Physio – Bereich schaut doch einfach auf Melanie´s Blog vorbei:

 

 

https://melanietansaniablog.wordpress.com/

 

 

Anschließend habe ich mich noch mit meinen Kollegen im KRS angeregt unterhalten, viel gelacht und dabei ein wenig Kiswahili gelernt. Als die Studenten den KRS dann zur Mittagszeit verließen, übernahm ich noch eine komplikationslose Geburt und wurde kurz vor Schichtende von „Sista Ukengo“, der leitenden Hebamme, zum Gespräch gebeten. Erst war ich etwas angespannt und hatte Angst, dass ich mich evtl. in irgendeiner Situation falsch verhalten hätte, doch „Sista Ukengo“ hieß mich offiziell sehr ♥-lich willkommen. „Alle hier sind ab jetzt deine Brüder und Schwestern! Und wenn es mal nicht so sein sollte, dann erzähl es mir. Wenn du ein Problem hast, dann erzähl es mir. Wenn du eine Frage hast, dann kannst du jeden hier fragen. Alle werden dir weiterhelfen. Und falls nicht, dann erzähl es mir. Ich möchte, dass du dich in unserem Team wohlfühlst!“
Wow – damit hatte ich nicht gerechnet. Ich war gerührt und habe mich sehr darüber gefreut!
Tatsächlich fühle ich mich im Kreißsaal – Team sehr wohl. Ich werde unterstützt, für meine Arbeit gelobt, jeden Morgen aufs herzlichste begrüßt und es gibt viele lustige Gespräche.

Anfangs war ich sehr skeptisch, weil ich nicht als Hebamme, sondern als „student“ wahrgenommen wurde. Doch schnell wurde mir mehr zugetraut und ich konnte den Respekt meiner Kollegen gewinnen, zumindest fühlt es sich für mich so an. Alle Skepsis und Sorge völlig umsonst.

..Hebamme Floence und ich..
..Hebamme Floence und ich..
..Andi und Melanie mit dem süßen Kind aus der Physio - Station..
..Andi und Melanie mit dem süßen Kind aus der Physio - Station..

 

Donnerstag – der Hauptgrund für die „wiki za kupasuliwa“ (Woche der Operationen)

 

Frau C (2 Gravida/1 Para) war bereits im KRS als ich zur Schicht kam und ich übernahm ihre Geburt. In der Wehe wölbte sich die Fruchtblase bis auf Beckenboden (BB – Fruchtblase [FB] war schon sichtbar) vor und ich beschloss eine Amniotomie (Öffnen der FB) durchzuführen. Kaum war die sterile Pinzette, die hier im Amana für die Amniotomie verwendet wird, in der Wehe an die FB angesetzt, kam mir ein großer Schwall grünes Fruchtwasser (FW) entgegen. In der gleichen Wehe noch, schaute mich ein kleines Köpfchen an und das Kind wurde geboren. Ein kleiner Junge – wohlauf und lauthals schreiend. So kann ein Tag beginnen :)

Als ich den kleinen Knirps auf die Liege legte, die für die Neugeborenen (NGB) vorgesehen ist, fiel mir ein Baby auf, das ein ganz geschwollenes und gestautes (blaues) Gesicht hatte. Ich vermutete, dass die Kleine in einer Gesichtslage (regelwidrige Schädellage – das Kind wurde mit dem Gesicht zuerst geboren, anstatt mit dem Hinterkopf) geboren wurde. Ich fragte eine Hebamme und meine Vermutung bestätigte sich. Wenige Minuten später ist ein schlappes Mädchen geboren worden, dass mit der Diagnose Asphyxie (Sauerstoffmangel unter der Geburt und deshalb eine Übersäuerung des Blutes) schnell auf die Neointensiv gebracht wurde. Ich nutzte die Gelegenheit und begleitete den Entbindungspfleger Mwinshehe mit dem Gesichtslagen – Baby.

 Anhand des Bildes wird, so glaube ich, deutlich, was die Kleine bei der Geburt mitgemacht hat.

 

..die arme kleine Maus..
..die arme kleine Maus..

 

Den restlichen Tag verbrachte ich hauptsächlich im OP-Saal, da wir 4 anstehende Sectio Caeserea (Kaiserschnitte) hatten. Es hieß also warten, Labor – Berichte besorgen, die Frauen vorbereiten und die Kinder entggenzunehmen. Das Kind, das bei der zweiten Sectio geboren wurde, wog stolze 4700g und ich habe den vitalen Jungen direkt zur Neointensiv gebracht. Nur zur Überwachung. Später erzählte mir Corinna aber, dass das Baby, unmittelbar nachdem ich den Ward 8 verlassen hatte, krampfte und dementsprechend wohl länger beobachtet werden muss. Das arme Kind :(

 

 

 

Eine Dafu und ein Juici auf dem Heimweg besserten meine Stimmung ein wenig..
Zu Hause angekommen hat Corinna mir meine geflochtenen Haare aufgemacht und ich sah aus wie ein „simba“ (Löwe)! Es dauerte sogar eine gute Stunde, bis alle Zöpfe entflochten waren.

 

 

Abends habe ich dann für alle Stampfkartoffeln mit Rührei und Tomatensalat gemacht → das könnte ich auch jeden Tag essen :D

 

 

Freitag – das Wochenende naht!

 

Heute lernte ich eine neue Kollegin – Agnes – kennen und hatte die Aufgabe sie einzuweisen. Ich leitete sie dabei an die FH (fetalen Herztöne) sowohl mit dem Pinard – Rohr (ich höre endlich etwas :D ),

 

..nicht genau das Gerät, das wir benutzen, aber es ist ähnlich ;)
..nicht genau das Gerät, das wir benutzen, aber es ist ähnlich ;)

 

als auch mit dem elektronischen Abhörgerät zu überprüfen und zeigte ihr den KRS.
Danach wurde ich in den OP – Saal geschickt, weil wieder eine Sectio anstand. Dieses Mal durfte ich allerdings mit in den OP, konnte das Kind direkt annehmen und selber versorgen. Es war interessant die OP zu beobachten und ich stellte fest, dass hier ein abdominaler Längsschnitt (der Bauch wird mit einem Längsschnitt geöffnet) angewendet wird. Nachdem sich die Ärztin bis zum Uterus (Gebärmutter) vorgearbeitet hatte, wurde dieser mit einem Querschnitt, genau wie in Deutschland, geöffnet und das Baby entwickelt. Auch wenn es hier im Amana nicht so viele zur Verfügung stehende Geräte gibt, konnten die wichtigsten Parameter überwacht werden. Der OP wirkte sehr sortiert und die Arbeitsweisen strukturiert.

 

Parallel zu der Sectio, die ich mitbetreute, wurde eine weiter Sectio notfallmäßig durchgeführt (es gibt einen zweiten OP-Saal). Nachdem ich das Baby aus der ersten Sectio in den KRS gebracht hatte, lief ich schnell zurück um auch das nächste Baby auf der Erde willkommen zu heißen.

Leider verstarb das Baby intrapartal (unter der Geburt) und es war postpartum (nach der Geburt) nichts mehr zu machen :(

Eine Uterus – Ruptur (Gebärmutterriss → Mutter und Kind können innerhalb kürzester Zeit verbluten) wurde dem kleinen Jungen zum Verhängnis, glücklicherweise hat seine Mutter die OP überlebt. Ich hielt den Kleinen ganz behutsam und brachte ihn, eingewickelt in ein grünes OP – Tuch vom Zentral – OP in den Kreißsaal. Dafür musste ich quer über das Gelände gehen und empfand die Blicke der Menschen, an denen ich vorbeilief, als unangenehm. 

Im Kreißsaal angekommen, gab es große Anteilnahme am Tod des Neugeborenen und ich wurde vom Team aufgefangen. Wahrscheinlich war es nicht schwer an meinem Blick abzulesen wie es mir geht. Asante – Danke!

 Anschließend bin ich zu Melanie und Andi in die Physio – Station und habe mich ausgeheult. Ihr seid toll! Auch an euch dickes ASANTE!!

 

 

Zur Ablenkung sind wir zu dritt zu Dr. Shani gegangen und haben uns darum gekümmert, dass wir morgens mit unserem Fingerabdruck an dem Gerät an der Pforte „einchecken“ können.

Als ich dann in den Kreißsaal kam, stieß ich zu einer komplizierten Geburt dazu, die von einem neuen Arzt geleitet wurde. Das Köpfchen des Babys war schon sichtbar, allerdings schritt die Geburt nicht weiter voran. Er schaute mich verzweifelt an, so eine Geburt kann man an seinem ersten Tag nicht gebrauchen, und ich schlug vor, eine Episiotomie durchzuführen, denn der Damm war sehr straff und mein Gefühl sagte mir, dass das Kind schnell aus der Stress – Situation befreit werden muss. Der Arzt reichte mir eine Skalpellklinge (es gibt keine Epi – Scheren) und bat mich die Epi zu übernehmen. Obwohl hier im Amana, zumindest habe ich es bisher nur so gesehen, in der Regel eine laterale Episiotomie durchgeführt wird, habe ich mich für eine medio – laterale Epi

 

 

entschieden, da sie weniger blutet und die Frauen, meiner Erfahrung nach, weniger Probleme mit der Naht haben.

Da die Epi für den Moment nur geringfügig mehr Erfolg brachte und der jungen Frau die Erschöpfung ins Gesicht geschrieben stand, entschieden wir eine Kiwi – Geburt durchzuführen. Der Junge wurde mit 3800g geboren und war Gott sei Dank nach kurzer Stimulation wohlauf.

Was für ein Arbeitstag..

 

Nach der Arbeit fuhren Melanie und ich mit dem Daladala, einem kleinen Bus, nach Kariako in das Kitenge – Paradies. Melanie kaufte sich eine wunderschöne Hose, die wir von 20.000 Schilling auf 14.000 Schilling runterhandeln konnten (die ersten Kiswahili – Sätze bringen uns zum Erfolg :D )und ich kaufte mir, passend zu meinem geschneiderten Kleid, schöne FlipFlops.
Um 16:30 Uhr kam dann Erik, um unsere Nägel mit schönen Mustern zu verzieren. Er ist wirklich sehr nett und wir freuen uns immer riesig wenn er kommt.
Melanie war zuerst dran und bekam „tikitimaji“ (Wassermelone) auf die Zehen und Corinna bekam danach ein paar Kiwis aufgemalt.

Als die anderen dann beim Sprachkurs waren, setzten Andi und ich uns mit Erik in mein Zimmer und lernten separat in einer kleinen Lerngruppe. Erik zauberte mir währenddessen „nanasi“ (Ananas) auf die Zehen.

 


 Immer, wenn wir einen Satz konstruierten, haben wir ihn zu Erik gesagt und er hat uns zugestimmt oder den Satz verbessert (Erik spricht fast ausschließlich Kiswahili). Es war eine lustige Lernstunde und wir beschlossen gemeinsam, dass wir das jeden Freitag so handhaben werden :)

Nach dem Sprachkurs haben Andi, Felix, Dario und ich noch unten bei Lee gesessen, gequatscht, gelacht, die Jungs haben noch etwas gegessen und ich einen Juici getrunken, bis Bashiri, ein Kollege von Felixi und Dario, mit einem Feuerwehrauto vorgefahren kam. Er wollte die beiden abholen, denn sie wollten Paulsen, Felix´ Mentor von der Feuerwehr in Hamburg, gemeinsam vom Flughafen abholen und ihm einen schönen Empfang bereiten.

Wir saßen noch bis Ladenschluss (22 Uhr) zusammen und Lee fragte uns, ob wir Lust hätten mit ihm feiern zu gehen – na klar, es war Freitag Abend!

 

Wir liefen bis zu einer Bar in der Nähe des Amana Krankenhauses, die sehr offen gestaltet war und ließen den Abend mit guter Musik, lustigen Gesprächen auf Kiswahili und dem ein oder anderen Bierchen ausklingen :)

Später lud Lee uns ein seine „wageni“ (Gäste) zu sein und freute sich riesig darüber, dass wir ihn begleiteten. Stolz zeigte er uns sein Zimmer und die Fotos mit den Freiwilligen der letzten beiden Jahrgänge.

 

 Am Samstag sind Andi und ich dann schon gegen 6 Uhr nach Hause gelaufen. Durch sehr starken „mvua“ (Regen) in ganz Ilala und Umgebung fiel der Strom und somit der Ventilator bei Lee aus und die Hitze verhinderte, dass wir schlafen konnten. Wir nutzten einen regenfreien Moment und machten uns auf den Weg nach Hause in die Ilala – WG. Nach wenigen Schritten schüttete es wie aus Eimern. Meine neuen FlipFlops, die am Abend zuvor für eine Blase an meinem Zeigezeh sorgten, rieben in Kombination mit Wasser und Matsch die Wunde wieder auf. Unangenehm wurde es aber erst, als wir 300m von zu Hause entfernt über eine große Pfütze springen mussten. Mein Kleid riss der Naht entlang so weit, dass wahrscheinlich ganz Ilala einen Blick auf mein Höschen erhaschen konnte ^^

 

PEINLICH!!!

 

Mit den Worten „ Andi ich erzähle dir später warum, aber wir müssen ganz dringend mit wenig Blickkontakt zu den Menschen nach Hause!“ schaute ich ihn panisch an und versuchte mein Kleid hinten zusammenzuhalten. Da das Kleid maßgeschneidert ist und so schon kaum Luft zum atmen lässt, gestaltete sich dieser Versuch daher eher schwierig..

 Zu Hause angekommen lachten wir alle über den peinlichen Moment und die „fehlgeschlagene Integration“ (wir bemühen uns so sehr angemessen gekleidet zu sein :D ).. das kann echt nur mir passieren!

 

..vorher
..vorher
...danach
...danach

 

Nach ein paar Stunden Schlaf gingen Melanie und ich zum Schneider um unsere Kleider abzuholen, die wir am vorherigen Samstag in Auftrag gegeben hatten und um mein gerissenes Kleid wieder nähen zu lassen. Zwei der Kleider passten auf Anhieb. Das dritte Modell, das Melanie auch, nur mit anderem Kitenge, in Auftrag gegeben hatte, passte uns beiden leider nicht. Wir ließen es dort und der Schneider versuchte den Reißverschluss zu ändern.

 

..Issa unser Schneider :)
..Issa unser Schneider :)

Sonntag – Besuch in Masaki

 

Seit langem habe ich endlich mal wieder ausgeschlafen!
Als ich aufgewacht bin waren Maria und Philipp, Freiwillige, die vor 2 Jahren in dem Projekt waren, schon da und ich wurde mit frischem Brot und Leberwurst überrascht!! ♥
DANKE!!!

 

Bevor Corinna, Melanie und ich mit Maria und Philipp in die Mall nach Masaki gefahren sind, haben wir beim Schneider nochmal das Kleid anprobiert und passten leider immer noch nicht herein..kesho (morgen)

In Masaki angekommen, fühlten wir uns dann tatsächlich zwischen den modernen Gebäuden unwohl. Der Kontrast zwischen der „Touristen – Ecke“ und dem wirklichen Leben in Dar ist schon sehr groß, was sich auch in den Preisen wiederspiegelte.

 Zurück zu Hause haben wir erst unser Gymnastik – Work – Out gemacht


und danach noch bis Ladenschluss bei Lee gesessen und über alles Mögliche gequatscht.

 

Montag - „umependeza“ - Rate um 90% gestiegen

 

Am Montag startete mein Tag mit einer komplikationslosen Geburt. Doch leider bemerkte ich, als ich den DR °1 nähen wollte, dass es im ganzen KRS kein Lidocain (lokales Betäubungsmittel) mehr gab. Ich fragte überall auf den anderen Stationen nach und bekam glücklicherweise von einem Gynäkologen noch 1 ½ ml...besser als gar nichts ^^
Ich versuchte jede kleinste Stelle mit dem Betäubungsmittel zu erwischen und so wenig Stiche wie möglich zu setzen! Entweder Frau D hatte keine Schmerzen, oder sie konnte es gut verbergen..zumindest war ich beruhigt. Ohne Lidocain hätte ich definitiv nicht genäht!
Nachdem ich drei Frauen nach der Entbindung mit ihren Kindern auf die Station gebracht hatte, kam ich grade in den KRS, als Frau D ihr erstes Kind entbunden hatte – Gemini (Zwillinge)!

Darauf habe ich lange gewartet! Und dann kam der zweite Zwilling auch noch in BEL (Beckenendlage, mit den Füßen zuerst). Der Handgriff zur Armlösung war mir noch nicht bekannt, aber wir haben in der Ausbildung auch nur die beiden wichtigsten in Deutschland angewandten gelernt. Es hat jedenfalls alles problemlos geklappt! Wow – das kleine Mädchen (2300g) war sofort wohlauf und ich war sehr glücklich den Prozess beobachten zu dürfen :)

 

Nach der Arbeit gaben wir auf dem Heimweg unser Kleid erneut beim Schneider ab und er plant nun einen Reißverschluss, der sich durch das ganze Kleid zieht, damit wir reinpassen :D

Um 15 Uhr hatte ich dann meinen Termin beim Friseur. Die netten Damen dort, Sai und Amina, flechteten mir wieder ganze 4 h die Haare und ich war, wie schon beim Mal davor, begeistert!
Die beiden waren auch begeistert von ihrem Werk und haben die Frisur erstmal fotografisch festgehalten.

Kaum hatte ich den Laden verlassen hielt ich alle 2 Meter an, weil meine Frisur bewundert werden musste und mir viele Menschen sagen wollten, wie gut die Frisur aussieht.
→ die „umependeza“ (du bist schön) - Rate steigt immer um 90%, sobald ich mich frisurentechnisch anpasse :D

...wenn ich meine Haare offen trage, sinkt sie wieder ^^

 

Später haben Felixi, Dario, Corinna, Maria & Philipp, Daniel und ich noch bei Lee unten gegessen. Ich habe mir mit Corinna „Chipsi kavu na kuku nusu“ (Pommes mit halbem Hähnchen) geteilt. Wir ließen den Abend gemütlich ausklingen, quatschten und lachten wie so oft bei Lee im Laden :)

 

Dienstag – Anleiterposition erhalten

 

Schon kurz nach dem Eintreffen im KRS war mir klar, heute ist nicht viel für mich zu tun. Wie schon in der Woche zuvor, waren 4 Studenten im KRS, die sich eifrig alles anhörten und versuchten alles, was sie zuvor gelernt hatten, durchzuführen und zu üben.

Dementsprechend erklärte ich am Vormittag viele Abläufe, das Partogramm und leitete zwei der vier Studenten an, sowohl mit dem Pinard – Rohr, als auch mit dem elektronischen FHF – Messgerät die Herztöne des Feten abzuhören.

Als dann eine Frau entbunden hat, erklärte die Hebamme, die die Geburt leitete, was sie machte und was noch zu tun sei. Die Studenten hörten gespannt zu und wirkten sehr interessiert.

Die Hebamme übergab mir das Neugeborene und ich erklärte dann den weiteren Vorgang an der Rea – Einheit (Wiegen, Namensschild anfertigen, APGAR vergeben).

Als die Hebamme dann feststellte, dass der Dammriss °2 genäht werden musste, bereitete ich alles vor. Mit Erschrecken stellte ich fest, dass es wie am Vortag noch immer kein Lidocain gab - ein Einzelfall. Die Hebamme beschloss, da sie keine andere Wahl hatte, ohne Betäubung zu nähen.
Ich konnte mir den Prozess trotzdem nicht mit anschauen und flüchtete zur Frühstückspause in die Physio – Station zu Andi und Melanie..

 

Zurück im KRS kam Frau E (4 Gravida/3 Para, MM vollständig geöffnet) pressend in den KRS.

Sie legte sich schnell auf das erstbeste freie Bett und die Fruchtblase lachte mich bereits an. Schnell zog ich mir zwei paar Handschuhe an, öffnete die Fruchtblase und fragte einen Studenten, ob er die restlichen Utensilien vorbereiten würde.

Der Kopf war bereits sichtbar, als eine Ärztin reinkam und mir sagte, dass sie die Geburt übernehmen würde. Ich stellte mich auf die andere Seite des Bettes und die Ärztin deutete mir, dass ich assistieren solle → ich hatte im Hinterkopf, dass wir kein Lidocain mehr haben und der Kopf des Kindes in der Regel im Amana beim Dammschutz nicht gebremst wird → ich wollte eine potenzielle Naht um jeden Preis vermeiden! (natürlich nicht auf Kosten von Mutter und Kind!!)
Frau E hat mit viel Gefühl und Effektivität gedrückt und der Kopf wurde nach und nach geboren. Dementsprechend hatte das Dammgewebe Zeit sich zu dehnen. Ich war sehr zufrieden mit dem Geburtsvorgang und hatte ein gutes Gefühl bei der Geburt. Als die Ärztin nach einer Episiotomie fragte, bat ich sie noch ein wenig zu warten, da ich es nicht für notwendig hielt.
Der Kopf schitt ein, der Kopf schnitt durch und ich bremste diesen, während die Ärztin den Damm schützte. Das war definitiv Teamwork :)
Das Kind und die Mama, Frau F, waren wohlauf und der Damm intakt – puh – Glück gehabt..

 

Später, nachdem ich Melanie und Andi nochmal in der Physio besucht hatte, begleitete Melanie mich in den KRS und wir sind direkt zu einer Geburt dazugestoßen. Einer der Studenten, Charles, kümmerte sich bereits um die Schwangere und bat mich darum ihn anzuleiten.
...eine Anleiterrolle hätte ich so schnell nach meiner Ausbildung nicht erwartet..

Aber die Geburt verlief komplikationslos und ich konnte Charles viele Handgriffe und Abläufe erklären. Ich erinnerte mich an die Worte von einigen Hebammen in meiner Ausbildung „die Kopfhand ist wichtiger als die Dammhand“, „der Kopf muss sich selbstständig ausroutieren“, „sobald die vordere Schulter geboren ist, wird die hintere entwickelt“, „denk an die Führungslinie“, etc. Es war komisch, aber auch mal interessant auf der anderen Seite zu stehen und die Rolle der „Hebamme“ einzunehmen...es ist immer noch ungewohnt, dass ich keine Schülerin mehr bin.

Melanie und ich brachten Frau F und ihr Baby nach der abgeschlossenen Dokumentation und dem ersten erfolgreichen Stillen auf die Station. Als wir wieder in den KRS kamen, sah ich im Augenwinkel, dass die Ärztin grade ein Baby auf den Bauch von Frau G legte. Ich zog mir Handschuhe an und ging hin, um das Baby zur Rea – Einheit zu bringen. Zu meinem Erschrecken stellte ich fest, dass der kleine Junge kreideweiß war und nicht atmete. Ich schnappte ihn und rannte los. Melanie schaltete in der Situation sofort und holte mir einen manuellen Absauger (das musste sie schonmal für mich machen und wusste daher wo er zu finden ist). Ich legte den Kleinen auf eine feste Unterlage, prüfte die Herzfrequenz (~ 60/70 spm – normalerweise beträgt die FHF ca. das doppelte) befreite die Atemwege, und beatmete ihn mit 5 initialen Beatmungen mit dem Ambubeutel. Die Herzfrequenz stieg, eine Herzdruckmassage war Gott sei Dank nicht mehr notwendig. Dennoch beatmete ich den kleinen Kerl weiter, da er nicht regelmäßig atmete. Nach 30 Sekunden hörte ich sowohl Herz, als auch Lunge mit dem Stethoskop ab und stellte fest, dass die FHF in Ordnung war und die Lungen, bei regelmäßiger Atmung, beidseitig belüftet waren.
Gerne hätte ich einen Puls - Oxymeter (O² – Gehalt im Blut wird damit gemessen) angelegt um die Sauerstoffsättigung zu überprüfen, aber einen solchen gibt es im Amana nicht.

Der Kleine war mittlerweile rosiger, hatte allerdings noch immer ein weißes Nasen – Mund – Dreieck und stöhnte ganz unzufrieden (ein Zeichen dafür, dass sich das Kind sehr anstrengt).

Als die Ärztin dazukam, schlug ich vor eine Sättigung auf der Neointensiv machen zu lassen. Doch sie schlug vor, dass wir den Kleinen zunächst anlegen (zum Stillen), bevor wir ihn auf die Neointensiv verlegen. Für dieses Baby ein scheinbar guter Vorschlag, denn er erholte sich schnell und saugte kräftig an der Brust. Wahrscheinlich fehlt mir einfach noch die Erfahrung im Umgang mit solchen Situationen.

 

Erschöpft von der Arbeit verzichtete ich auf meinen Juici und wir hielten nur kurz beim Schneider an um die Kleider nochmal anzuprobieren..next round.. vielleicht machen sich die vielen Chipsi Mayai doch schon bemerkbar ^^

Zu Hause angekommen begrüßte uns dann Patrick, ein Freund von der Mutter einer Freundin von Melanie :D, der 4 Wochen in Tansania Urlaub macht und einige Sachen bei uns zwischenlagert. Wir aßen alle gemeinsam (Andi, Wanda, Corinna, Patrick und ich) „nanasi“ und „tikitimaji“ und er erzählte von seinen Plänen der nächsten Wochen.

 Abends, als dann Sprachkurs war, sind Andi und ich mit unseren Büchern zu Lee gegangen, um Kiswahili zu lernen. Allerdings waren Mustafa (ein Freund von Lee) und Lee eher daran interessiert ein paar deutsche Sätze kennenzulernen und somit machten wir eine Deutsch – Kiswahili – Stunde daraus :D

Sooo...

 

...die nächsten Stories gibt es dann nächste Woche wieder! Hoffentlich mal pünktlich ^^

 

Allerliebste Grüße aus Ilala,

Dana

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Denise (Samstag, 04 Februar 2023 13:56)

    Sehr interessant. Ich habe mir alles durchgelesen und bin beeindruckt von der Leidenschaft und der Hingabe für diesen anstrengenden Beruf.