"Reizüberflutung" - eine Woche voller Eindrücke!

 

Hallo ihr Lieben :)

Hier findet ihr einen kleinen Ausschnitt aus meiner ersten Arbeitswoche..

..viel Spaß beim Lesen!

 

 

 

Ich sitze grade auf unserem Balkon in Ilala und reflektiere meine erlebnisreiche Woche. Wenn ich diese in einem Wort beschreiben müsste, würde ich mich definitiv für „Reizüberflutung“ entscheiden.


 Am Montag startete die Woche mit meinem 1. offiziellen Arbeitstag. Als ich um 7:30 Uhr ankam, waren noch die Hebammen der Nachtschicht vor Ort und ich schaute ihnen bei der Arbeit über die Schulter. Nach und nach trudelten die Hebammen aus dem Frühdienst ein und ich lernte Sista Nice kennen. Sie machte ihrem Namen alle Ehre und stand mir den ganzen Tag lang mit Rat und Tat zur Seite. Das erleichterte mir den Anfang sehr, denn ich konnte aktiv mitarbeiten und einen guten Einblick in die Arbeitsweisen und Abläufe bekommen. Ich bekam das Gefühl nicht nur Deko zu sein :D

Nachdem ich Sista Nice bei einigen Geburten assistiert habe, fragte sie mich, ob ich selber auch eine Geburt übernehmen möchte. Innerliche Luftsprünge konnte ich kaum verbergen und freute mich über das Vertrauen ihrerseits.

Kurze Zeit später kam eine Schwester von Block No.6 und brachte Frau X (eine 2 Gravida / 1 Para, Muttermund vollständig, Kopf in Beckenmitte) in den Kreißsaal.

Schnell suchte ich die Materialien zur Geburt aus der Tasche von Frau X zusammen, bereitete alles vor und zog mir Handschuhe an. Aus Sicherheitsgründen zieht man sich hier 2 Paar Handschuhe übereinander an, bei HIV-infizierten Schwangeren sogar 3 Paar.

Alle Utensilien wie Nabelklemme, Skalpellklinge, Nahtmaterial, Handschuhe, eine Rolle mit Watte (es gibt hier weder Tücher, noch Unterlagen), viele Kangas (siehe Bild) und in seltenen Fällen sogar etwas Desinfektionsmittel oder Infusionen werden von den werdenden Müttern selber mitgebracht. 

Nachdem ich mir die Handschuhe angezogen hatte, eilte ich zu Frau X und bemerkte sofort, dass ich es hier mit einem Nabelschnurprolaps (geburtshilflicher Notfall – die Nabelschnur liegt vor dem Kopf und die Blutzufuhr/Sauerstoffversorgung zum Kind wird durch die Kompression unterbrochen) zu tun hatte. Ich rief sofort nach einem Arzt und leitete die Frau zum Pressen an. Eine schnelle Geburtsbeendigung erschien mir am sinnvollsten, da der Kopf bereits einschnitt (der Kopf war schon zu sehen).

 Allerdings war ich die Einzige mit der Meinung. Eine weitere Hebamme schaltete sich ein und sagte Frau X, dass sie sich in Knie-Ellenbogen-Lage drehen solle, um den Druck von der Nabelschnur zu nehmen – eine richtige Entscheidung, in diesem Fall hätte man dem Kind aber, meiner Einschätzung nach, mit einer schnellen Geburtsbeendigung viel Stress ersparen können.

Die Tatsache, dass die Nabelschnur nicht pulsierte und dass bis zum Eintreffen des Arztes 10 min. vergingen, ließen mich das Schlimmste befürchten.
Per Kiwi (Geburt per Vakuum) beendete der Arzt die Geburt innerhalb von wenigen Sekunden. Ein kleiner lebloser Junge, der nur 1700g wog, wurde geboren und nach schnellem Abnabeln reanimiert..

 

...dem Himmel sei Dank mit Erfolg..mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich den ersten Atemzug, die erste Regung des kleinen Babys vernahm.

 

Während der Zeit zwischen Feststellen des Nabelschnurprolaps´ und der Geburt des kleinen Jungen, habe ich mich so hilflos gefühlt wie noch nie in meinem Leben.
Im weiteren Verlauf überwachte ich „mpiganaji“ (der Kämpfer), so nenne ich ihn, mit Argusaugen und war sehr erleichtert, dass er keine weiteren Auffälligkeiten zeigte. 

Trotzdem brachte ich Mutter und Kind nach reichlicher Überwachung und einer Weile des Kennenlernens auf die Neointensiv zu Wanda (Corinna war leider krank – Gott sei Dank kein Malaria).

 

..2 der 8 Kreißbetten..
..2 der 8 Kreißbetten..
..die Rea-Einheit..
..die Rea-Einheit..
..hier liegen die Babys post-partal unter der Wärmelampe..
..hier liegen die Babys post-partal unter der Wärmelampe..

 

Am Dienstag startete mein Arbeitstag direkt mit einer Plazentageburt. Nachdem ich mich umgezogen hatte, entdeckte ich eine junge Mutter im Ward die unbemerkt ihr Kind zur Welt gebracht hatte. Nach kurzem Vergewissern, dass es Mutter und Kind gut geht, konnte ich in Ruhe Abnabeln und die Plazenta entwickeln. Es war schön, dass ich die Nachgeburtsperiode leiten konnte und dass es ein komplikationsloser Verlauf war.

 

Im Verlauf des Tages wurden mehrere Sectios durchgeführt, deren Indikation ich nicht immer verstanden habe – die Sprachbarriere ist doch noch ziemlich groß. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass die Anwesenheit von zwei schwedischen Anästhesisten im Kreißsaal-OP und der damit verbundene rege interkulturelle Wissensaustausch zwischen den tansanischen und schwedischen Anästhesisten der Grund für die hohe Sectiorate des Tages sein könnte.

 

Da durch die Sectios nicht viel im Kreißsaal für mich zu tun war, habe ich die Gelegenheit genutzt und Andi und Melanie in der Physio-Station besucht. An diesem Tag war aber so viel in der Physio los, dass ich nicht lange blieb.

 

Später am Tag besuchten wir (Andi, Wanda, Melanie und ich) Dr. Shimwala, den Leiter des Krankenhauses – ein sehr netter und lustiger Mann. Er berichtete uns von seinen Aufenthalten in Deutschland und schwärmte von Frikadellen, Matjes-Brötchen und Brot..
..darauf hätte ich jetzt auch Lust :D

  

Auf dem Heimweg, kamen wir an einer Bäckerei vorbei, in der wunderschöne Torten und CupCakes gebacken werden. Wir beschlossen eine große Torte für Corinnas (aka Coconut) Geburtstag (27.10.) zu bestellen und freuten uns über den genialen Einfall ^^

 

Zu Hause angekommen, fragte ich Corinna, was sie sich zum Geburtstag wünsche und sie meinte:
„Ihr braucht mir nichts schenken, ich habe schon eine kleine Torte beim Bäcker auf dem Heimweg bestellt“ → Oh nein!! :D

 

Auf der Suche nach Abendessen, dieses Mal Wali (gekochter Reis) und keine Chipsy Mayai, trafen wir einen netten Mann, der uns einen kleinen Imbiss zeigte. Eigentlich arbeitete er in einem anderen Lokal, aber da es dort kein Wali gab, versuchte er uns auf diese Weise zu helfen. Er setzte sich zu uns und wir aßen gemeinsam zu Abend – Wali mit mbogamboga (Gemüse) und nyama (Fleisch). Auf einer Skala von 1 bis lecker, war es eine solide 3.. wir suchen weiter nach DEM Wali :D

 

Als wir wieder nach Hause gingen, trafen wir unterwegs Erik (Nageldesigner) und ließen uns unsere Nägel lackieren.

  

 

Natürlich bekam Melanie pinke Nägel und ich türkise ^^


 Um 18 Uhr ist Hamisi, unser Sprachlehrer, das erste Mal zum Sprachunterricht vorbeigekommen. Bis auf Markus und Maria, sie wohnen ziemlich weit von uns entfernt, nahmen alle teil. Nach der Unterrichtsstunde stellte ich für mich fest, dass mich die Unterrichtsstunden nicht weiterbringen würden, da ich bereits einen Kurs in Deutschland gemacht habe und mir primär eher Vokabeln fehlen, als Grammatik.

 

Am Mittwoch habe ich bei der Arbeit sehr viele neue Erfahrungen machen können und durfte das erste Mal eine Geburt komplett leiten. Was ich da noch nicht wusste → es wurden 4 direkt hintereinander ^^

 

 Der Tag startete ruhig und es war nur eine Schwangere da, die ca 1 h nach meiner Ankunft entbunden hat. Ich assistierte bei der Geburt und versorgte das Kind. Da die Mutter verstärkt geblutet hatte, durfte sie postpartal (nach der Geburt) in dem Kreißbett liegen bleiben und ich brachte ihr ihr Baby zum Stillen. Unglücklicher Weise verteilte sich das Gewicht so ungünstig auf das Bett, dass mir das Bett, samt Mutter und Kind entgegen fielen. So grade eben konnte ich das Kind mit dem rechten Arm greifen und die junge Mama stützen. Mit dem linken versuchte ich das Bett auszubremsen, aber ich konnte es nicht mehr aufhalten.

 

Letztendlich waren Mutter und Kind wohlauf. Nur mein Bein wurde von zwei großen Kratzern geziert..ein bisschen Schwund ist immer :D

 

So gegen 10 Uhr wurde Frau A gebracht, die scheinbar schon entbunden hatte, denn es war eine abgeklemmte Nabelschnur sichtbar. Doch ich assistierte bei anderen Geburten und konnte mich nicht so recht über den Geburtsverlauf und die Vorgeschichte informieren. Später stellte ich fest, dass eben diese Mutter, Frau A, vor dem OP in einem Stühlchen saß und fragte eine Hebamme, ob sie mir die Situation erklären könne. Zunächst vermutete ich eine eine Plazenta Acreta oder Increta (Plazenta, die in die Gebärmutterwand gewachsen ist), doch die Hebamme erzählte mir dann, dass die Frau bereits um 6 Uhr in der Frühe den ersten Gemini (Zwilling) entbunden hatte und der zweite Gemini noch immer in Utero verweilt. Nun würde sie eine Sectio bekommen, denn die Wehen stagnierten.

Plötzlich wurde eine junge Schwangere, Frau B, aus Maternity Ward Block 6 gebracht und sollte, aufgrund der Diagnose „fetal distress“, schnell eine Sectio bekommen. Da es jedoch nur einen OP-Saal im Maternity Ward gibt und man sich sicher war, dass das Baby von Frau B, im Gegensatz zu dem Baby von Frau A, noch lebt, wurde Frau A wieder aus dem OP geschoben und Frau B sectioniert.

Leider konnte ich den weiteren Verlauf dann nicht mehr beobachten, da plötzlich sehr viel im Kreißsaal los war.

Zwei Frauen fingen gleichzeitig an zu pressen und die Ärztin gab mir zu verstehen, dass sie Frau C im linken Bett entbindet und ich Frau D im rechten.

Es ging alles sehr schnell. Ich bereitete alles für die Geburt vor und konnte schon den Kopf des Babys erahnen. Der Trubel und die bevorstehende Geburt von Frau D´s Baby lenkte mich davon ab, dass Frau C im linken Bett ein verstorbenes Baby zur Welt brachte.

Frau D gebar wenige Minuten später einen gesunden Jungen. Die Tatsache, dass Frau C alles mitbekam, fühlte sich für mich nicht richtig an, jedoch gab es keine Kapazität um Frau C zu separieren.

Nachdem auch die Plazenta ohne Probleme geboren wurde, inspizierte ich den Damm und stellte einen DR° 1 (eine kleine Verletzung am Damm) fest. Die Ärztin erklärte mir den Vorgang der Naht..“and now it´s your turn“..

 

Okay, danke an Dr. Gut für die ausführlichen Erklärungen bezüglich Naht in Deutschland!!! Es hat mir geholfen, glaube ich..

 

Während der Naht kam die liebe Melanie aus der Physio-Station vorbei und schaute mir bei meiner Arbeit ein wenig über die Schulter.

Die Ärztin war zufrieden mit dem Ergebnis, allerdings hatte ich ein schlechtes Gefühl, da ich glaube, dass jemand anderes es bestimmt besser hinbekommen hätte.

Naja, viel Zeit zum Nachdenken gab es nicht.

Melanie und ich sind direkt zur nächsten Geburt gelaufen. Melanie´s erste Geburt!! ♥

Schnell die Tasche der Mutter durchwühlt, einen Kanga rausgeholt, Oxytocin aufgezogen, Nabelklemme und Skalpellklinge bereitgelegt, Handschuhe an und Frau E zum Pressen angeleitet. Einige Wörter konnte ich mir schon abschauen „sukuma“ (pressen), „moja kwa moja“ (Stück für Stück), „tena“ (nochmal), „hema“ (atme), „bado“ (noch nicht), „subiri“ (warte), etc. und sonst kommuniziert man mit Hand und Fuß, was oft ziemlich gut funktioniert.

Frau E war eine 1 Gravida/0 Para am ET (Entbindungstermin). Dementsprechend habe ich keine schnelle AP (Austreibungsperiode) erwartet. Doch der Kopf des Neugeborenen stand ziemlich lange auf Beckenboden und schnitt nicht durch (wurde nicht geboren), weil, so glaube ich, Frau E sich nicht richtig getraut hat und die Sprachbarriere ihren Rest dazugab. Ich überlegte, ob ich eine Episiotomie (Dammschnitt) durchführen soll oder nicht. Die Tatsache, dass hier laterale (seitlich geschnitten) Episiotomien geschnitten werden und, dass mein Gefühl zur Geburt gut war, ließen mich von einer Epi absehen, was sich im Nachhinein als richtige Entscheidung herausstellte. Frau E brachte ein gesundes kleines Mädchen auf die Welt, das anfangs ein bisschen Animation (Rücken „abrubbeln“ zur Animation) benötigte, aber schon nach 5 Minuten einen APGAR (Bewertungsschema) von 10 erhielt. Der weitere Verlauf war komplikationslos und der Damm sogar intakt.
Melanie verabschiedete sich nach der Geburt und ging zurück zur Physio, da ihre Schicht zu Ende war. Kaum hatte sie den Ward verlassen, da wartete schon die nächste spontane Geburt auf mich, die, bis auf einen DR° 2 / 3 (ich konnte es nicht genau erkennen), den die Ärztin nähen musste, weil ich es mir absolut nicht zugetraut habe, komplikationslos verlief.

Während ich interessiert den Bewegungen der Nadel folgte, begann Frau F, gegenüber in der Kabine, zu pressen. Frau F erwartete bereits das zweite Kind und ich rechnete mit einer schnellen Entwicklung. Doch der Kopf wurde nur langsam geboren. Ich ahnte bereits, dass mich ein großes Kind erwarten würde und als ich dann das Turtle-Phänomen (Zeichen für einen geburtshilflichen Notfall) feststellte, rief ich schnell nach einem Arzt. Sofort waren mehrere Hände (Hebammen + Ärzte) zur Stelle und ich fragte, ob wir den McRoberts - Handgriff (geburtshilflicher Handgriff) durchführen würden, so wie ich es beim Schulterdystokie (geburtshilflicher Notfall) - Management in der Ausbildung gelernt hatte.

Die fragenden Gesichter ließen mich vermuten, dass dieser Handgriff im Amana nicht bekannt ist und wir versuchten mit dem suprasymphysären Druck und einer Drehung, die ich bis dahin nicht kannte und in Zukunft auch nicht anwenden würde, da ich die mir bekannten Methoden für schonender betrachte, die Schulter zu lösen.

Die Prozedur dauerte ein paar Minuten und ich rechnete mit einem schlappen Kind, was sich anfangs auch bestätigte. Der „kleine“/große Junge, 4400g, wurde schnell abgenabelt und bekam 5 initiale Beatmungen mit dem Ambubeutel. Danach regulierten sich sowohl Herzfrequenz als auch Atmung. Der Arzt kümmerte sich weiter um das Neugeborene und ich leitete die problemlose Plazentaperiode. Abschließend wurde die Dammverletzung von dem Arzt genäht.

Bei der U1, die nicht standardmäßig gemacht wird, fiel mir auf, dass der kleine Junge eine erb´sche Plexusparese (Lähmung) des linken Oberarmes zeigte. Ursächlich dafür ist typischerweise eine Schulterdystokie, bei der die Schulter des Feten hinter der Symphyse festklemmt, so wie es hier der Fall war. Auf der Neointensiv wurde das Baby dann weiterhin überwacht.

 

Um 17 Uhr dann, nachdem ich mich durch 4 Partogramme (Dokument über die Geburt) auf Englisch, 4 Mutterpässe auf Kiswahili und das Geburtenbuch, ebenfalls auf Kiswahili, gearbeitet hatte, kam ich endlich, natürlich fix und fertig von dem Tag, zu Hause an.

 

Den Abend versüßte ich mir dann mit weißer Smartie-Schokolade von Nestle, „Juici ya embe“ (Mangosaft), guter Laune von Melanie, einem neuen Kleid, das ich zuvor beim Schneider in Auftrag gegeben hatte, und einem Skype-Gespräch mit meinem liebsten Jan ♥♥♥ 

 

Am Donnerstag startete mein Arbeitstag eher ruhig, worüber ich nicht ganz unglücklich war, denn die Müdigkeit stand mir ins Gesicht geschrieben. Ich legte meine erste Vigo (venöser Zugang) und habe direkt, sowohl Boden, als auch meine Schuhe versaut, weil ich den Mechanismus nicht auf Anhieb verstand.. :D

 

Die erste Geburt, die ich leitete, verlief insgesamt problemlos. Die einzige kleine Hürde war, dass die Nabelschnur so straff um den Hals des Kindes gewickelt war, dass ich das Kind vorzeitig abnabeln musste, damit der Körper geboren werden konnte. Das kleine Mädchen schrie direkt und war wohlauf.

  

Die zweite Geburt hingegen, bleibt mir wohl noch lange in Erinnerung. Frau G ist eine 1 Gravida / 0 Para am ET. Als ich über den Gang gehe und sie pressen höre, eile ich zu ihr. Ein Griff in die Tasche, um die Materialien zu holen, ein paar Worte zum Anleiten und das Überstreifen der Handschuhe zum Bremsen des Kopfes – alles irgendwie gleichzeitig. Eine Klemme für die Nabelschnur zum Abnabeln konnte ich auf die Schnelle nicht finden (es gibt hier einen großen Material-Mangel) und somit entschied ich mich dafür, erstmal das Kind zu entwickeln.

Der kleine Junge wurde in reichlich grünem Fruchtwasser geboren und ich hielt einen leblosen Körper in meinen Händen. Mein Atem stockte! Während ich den Kleinen absaugte und danach stimulierte, rief ich ganz laut durch den Ward „Sista! Unanisaidie, haraka! (Schwester! Hilfst du mir, Eile!), die einzigen Wörter die mir auf die Schnelle einfielen..

Eine Hebamme eilte mir zur Hilfe und als ich sagte „Sina Forceps“ (Ich habe keine Nabelklemme), reichte sie mir eine bereits benutzte Klemme, weil es keine sterile in dem Moment gab. Schnell nabelte ich den kleinen Jungen ab und wir rannten zur Rea-Einheit (Reanimations-Einheit) um das Neugeborene zu reanimieren. Nach 5 initialen Beatmungen und einer Herzdruckmassage, regte sich der Kleine und die Herzfrequenz stabilisierte sich. Die Hebamme, die mir die Klemme reichte übernahm das Neugeborene und ich widmete mich der Plazentaperiode und der Naht, die komplikationslos verliefen.

Der kleine Junge bekam anfangs eine O² – Brille aufgesetzt und ich überwachte ihn streng. Später sollte er auf die Neointensiv verlegt werden, doch das übergab ich an eine Kollegin, da meine Schicht beendet war (ich ging 2 Stunden eher, da ich am Tag zuvor 2 Stunden länger blieb) und meine Nerven noch immer blank lagen.

 

Auf dem Heimweg stabilisierte der alltägliche „Juici ya embe“ meinen Blutzuckerspiegel und meine Nerven. Wie jeden Tag auf dem Weg, traf ich viele freundliche und herzliche Menschen, die sich sowohl nach meinem Wohlergehen, als auch nach meiner Arbeit erkundigten. Gefühlt alle 2 Meter hält man für ein kleines Pläuschchen miteinander an und wünscht sich einen schönen Tag. Ein wirklich schönes Gefühl, so viele tolle Menschen um sich herum zu wissen.

 An einem Obststand habe ich dann noch „ndizi“ (Bananen), „nanasi“ (Ananas) und „papai“ (Papaya) für einen Obstsalat gekauft und beim Schneider Hosen für Melanie und mich abgeholt.
Als ich dann fast zu Hause war um alles für Corinna´s Geburtstag vorzubereiten, hat mich Lee, der Besitzer des Chipsi-Ladens bei uns vor der Tür, eingeladen mit ihm sein Mittagessen zu essen. Da mir Ute und Dieter beim Sprachkurs nahegelegt haben, dass man Essen nicht ablehnt, weil das unhöflich sei, aß ich ein paar Anstandshäppchen und bestellte einen „Juici ya embe“ dazu.

 Nach einer halben Stunde Quatschen, Lachen und Vokabeln nachfragen, verabschiedete ich mich mit „asante Lee, nimeshiba“ (Danke Lee, ich bin satt geworden) und wollte meinen Saft bezahlen. Doch Lee bedankte sich dafür, dass ich ihm beim Essen Gesellschaft geleistet hatte und nahm mein Geld für den Juici nicht an.

Als Ausgleich brachte ich ihm später ein Stück von Corinnas Kuchen :)

 

In der Wohnung angekommen, schnibbelte ich schnell den Obstsalat, räumte etwas auf und empfing dann das Geburtstagskind, das mit Andi, Melanie und Wanda samt Torte eintraf.

 


Wir feierten eine Kuchenparty und nach und nach trudelten auch alle anderen Freiwilligen ein..

 

...eine kleine Überraschungsparty :)

 

Nach einem Abendbrot – Chipsi Mayai bei Lee, tanzten und feierten wir noch bis 11 Uhr in der Nacht...

 

Freitags auf dem Weg zur Arbeit traf ich den „Juici-Man“, bei dem ich nach der Arbeit immer meinen „Juici ya embe“ kaufe. Wir liefen ein Stück zusammen und er versprach mir für den Nachmittag einen ganz speziellen Juici..ich freute mich darauf!

 

Kaum hatte ich mich umgezogen, wartete schon die erste Geburt auf mich. Frau H schien erst vor kurzem in den Maternity Ward gekommen zu sein, denn weder Akte, noch persönliche Gegenstände waren auffindbar. Frau H erzählte mir, während ich mir vorsichtshalber 3 Paar Handschuhe übereinander anzog, dass es das zweite Kind sei und dann schaute mich auch bereits ein kleines Köpfchen an. Die Geburt verlief ohne Probleme und Frau H hat auch nur wenig Blut verloren (Kittel, Hose, Schuhe und alles in der Umgebung blieben Fleckenfrei).

Als ich die Akte der Mutter aus Maternity Ward No. 6 holte, stellte ich fest, dass sich mein Sicherheits-Gedanke auszahlte und Frau H Hiv-positiv war.

 

In meiner Pause saß ich mit zwei Hebammen am Tisch und teilte mein „mkate“ (Brot), worüber sich sehr gefreut wurde! Normalerweise isst man zum Frühstück eher Chapati (Teigfladen frittiert), Keki (eine Art großer Keks), Mihogo (gekochte Wurzel) oder Kochbananen...

Danach habe ich eine Naht übernommen, bei der ich einen Nahtfaden erwischte, der ziemlich dick und sehr fest war. Das erleichterte mir das Nähen nicht unbedingt. Glücklicher Weise waren nur ein paar Stiche nötig und die junge Mutter schnell erlöst.

Später, als mich Melanie im Ward besuchte, übernahm ich dann noch eine schnelle Geburt, bei der der Kopf bereits geboren war, als ich meine Handschuhe endlich an hatte. Nach der Entwicklung des Körpers, folgte ein großer Schwall Fruchtwasser, der Gott sei Dank nicht in unsere Richtung kam :D

  

 

 

Melanie durfte ihre erste Nabelschnur durchschneiden und das Baby nach der Geburt halten. Sie hat dabei gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd :)

Der restliche Dienst gestaltete sich aus Assistenz bei Geburten und Versorgen der Neugeborenen.
Nach meiner Schicht holten Melanie, Andi, Corinna und Wanda mich ab und wir kauften uns wieder leckere CupCakes in blau und pink..

 

Wie versprochen bekam ich heute auch den Spezial – Juici (ich weiß noch immer nicht wie die Frucht heißt ^^), der mir aber nicht so gut schmeckte → „Juici ya embe“ ♥

 

Der Tag war auch „nicht verloren“, da wir einen Dafu-Man trafen (er läuft mit einem Fahrrad und den Dafus durch den Ort) und später sogar noch eine zweite kauften. Außerdem holten Melanie und ich ihr Kleid beim Schneider ab und freuten uns darauf unsere Kleider am Samstag auszuführen..

 

Abends nahm ich an der 2. Sprachkursstunde teil (alle 9 Freiwilligen waren da :) ) und gestand Hamisi, unserem Lehrer, danach, dass ich in Zukunft nicht mehr teilnehmen würde, da ich bereits einen Sprachkurs in Deutschland gemacht habe. Ich war sehr erleichtert, dass er dafür Verständnis hatte.

Nach dem Sprachkurs ließen wir den Abend unten bei Lee ausklingen (dieses Mal gab es eine Kochbanane...ich kann nicht jeden Tag Chipsi essen^^) und quatschten später noch im Wohnzimmer..

 

 Am Samstag Vormittag verabredeten Melanie und ich uns mit Felix und Andi in Kariako und gingen etwas „shoppen“. Für die Jungs ein Hemd, für die Mädels Kitenge/Stoff. Den ersten Sonnenbrand gab es gratis dazu.

Melanie und ich können uns nie entscheiden, weil es so viele wunderschöne Stoffe gibt.

Etwas nervig war, dass ich mit meiner Kreditkarte kein Geld abheben konnte und deshalb auf meine neuen Alltagsschuhe verzichten musste. Später stellte sich dann heraus, dass ich einfach nur das Prinzip meiner Kreditbank nicht verstanden hatte und selber Schuld an dem Problemchen war..typisch ^^

 

Nachmittags gab es ein Sit-In auf dem Balkon und abends stimmten wir uns bei einem lustigen Kartenspiel auf den Club-Abend ein.

Andi, Markus, Melanie, Daniel (unser Mentor), zwei Freunde von Daniel und ich machten uns zu 7. in einem Auto auf den Weg zum High Spirit, einem Club in Posta, der sich im 10. Stock befindet. Der Club ist rundum verglast und man hat sowohl drinnen, als auch draußen auf der Dachterasse eine wunderschöne Sicht auf Dar es Salaam.

Der Abend war wirklich lustig und wir haben getanzt bis zum Umfallen :D

Vielen Dank ihr Lieben!!

Da die Getränke so teuer waren, bestellten wir uns alle Cola und mixten diese mit dem Konyagi, den unsere Begleiter schlauerweise mit eingeschmuggelt hatten..

Der Abend lief rund :)

 

Nur die Tatsache, dass wir unseren Schlüssel vergessen hatten, bereitete uns Sorgen.

Wohin, wenn Corinna, Maria und Wanda abgeschlossen haben und uns nicht hören?
→ na klar, der coolste Mentor der Welt hätte uns bei sich aufgenommen.

In Ilala angekommen, prüften wir das Schloss: abgeschlossen...

 ..wir haben es geahnt, weil Corinna immer aufpasst, dass niemand einbrechen kann..sie schläft nämlich wie ein Stein und würde keine Einbrecher bemerken :D

Ein paar Mal laut, mit schlechtem Gewissen, an die Tür geklopft, um 4 Uhr nachts, und Wanda schloss uns Gott sei Dank auf! Puhh..

 

So, das war es wieder für diese Woche,
ich hoffe, dass hier bald ein wenig Alltag einkehrt und ich mehr Zeit finde um euch zu schreiben und Fotos zu machen!

 

Allerliebste und sonnige Grüße aus Tansania!!

 Dana

 

 

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